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01-2011

Susanne Plietzsch Verführung zur Tora: das Konzept idealer Weiblichkeit in der rabbinischen Überlieferung zu Rabbi Akiba und seiner Frau

Abstract:

This paper deals with the rabbinic material about the wife of Rabbi Akiba. It argues that especially in the Babylonian Talmud, Ketubot 62b-63a, a rabbinic concept of ideal femininity can be found. To develop this concept, the authors refer to Genesis 3, and the “seduction” of Akiba by his wife-to-be is depicted as a “seduction to Torah”. By means of this, Akiba’s wife also gets characteristics of the personified Torah respectively of the Biblical Lady Wisdom. But even though Akiba’s wife is described as an independent and autonomous woman in the end an expropriation discourse takes place and the (female) Wisdom surrenders to the (male) Torah. [1]

Die Frau des berühmten Tannaiten Rabbi Akiba, die in der späteren Überlieferung den Namen Rachel trägt, gilt in der populären jüdischen Unterweisung als das leuchtende Beispiel einer guten Ehefrau. Die mit ihr verbundenen, in der rabbinischen Literatur mitgeteilten Erzählmotive, muten zum Teil märchenhaft an. Zusammengefasst ergibt sich die folgende Geschichte: Rachel, eine Tochter aus wohlhabendem Haus, wählt sich einen ungebildeten Viehhirten als Ehemann und motiviert ihn zum Torastudium. Sie wird deshalb von ihrem Vater verstoßen, welcher ein Gelübde ablegt, dass seine Tochter nichts von seinem Besitz genießen dürfe. Freiwillig akzeptiert Rachel das Leben in Armut, wie auch Akibas jahrelange studienbedingte Abwesenheit. Sie beteiligt sich sogar an der Finanzierung seines Studiums, indem sie ihre Haare verkauft. Schließlich kehrt Akiba nach vierundzwanzig Jahren als gefeierter Gelehrter nach Hause zurück. Rachel geht auf ihren Mann zu, doch seine Anhänger stoßen sie unsanft beiseite. Da bekennt Akiba öffentlich, dass alles, was er und seine Schüler an Wissen und sich daraus ergebendem Gewinn erworben haben, in Wahrheit Rachel gehöre: „Was mir und euch gehört, gehört ihr“. Zudem kann Akiba die Versöhnung mit dem Vater erreichen, so dass dieser dem zuerst unerwünschten Schwiegersohn nun die Hälfte seines Vermögens übergibt. Auch Rachel wird belohnt, indem Akiba ihr ein goldenes Diadem, ein „Jerusalem aus Gold“, und goldene Sandalen schenkt.

Diese Erzählelemente finden sich nicht alle im selben Text, sondern erscheinen an verschiedenen Stellen der rabbinischen Überlieferung. In chronologischer Reihenfolge sind dies der palästinische Talmud, der babylonische Talmud und die beiden Fassungen des Traktats Avot de-Rabbi Nathan (ARN A und B). [2] Erst in dieser letzten, nachtalmudischen Stufe der Überlieferung erhält Akibas Ehefrau den Namen Rachel (ARN A 6). Die ausführlichste Ausarbeitung unseres Erzählstoffes findet sich im babylonischen Talmud an zwei Stellen: im Traktat Nedarim (bNed 50a) und im Traktat Ketubot (bKet62b-63a). Nur im babylonischen Talmud kommt die Ehefrau Akibas jeweils selbst zu Wort.

Im Folgenden soll auf den Überlieferungsprozess dieses Erzählmaterials eingegangen werden, wobei ein Prozess der Herausbildung eines rabbinisch-talmudischen Konzepts von Weiblichkeit erkennbar werden wird. Meine These ist, dass insbesondere die Verfasser des babylonischen Talmuds ein solches Konzept vermitteln, indem sie auf Motive der biblischen Schöpfungsgeschichten, aber auch der weisheitlichen Überlieferung zurückgreifen. [3] Sie aktualisieren diese, um eine bestimmte Form des rabbinischen Lernens zu legitimieren.

1. „Jerusalem aus Gold“: palästinischer Talmud, Sota 9,16 (24c)

Die ersten Mitteilungen über die Ehefrau des Rabbi Akiba finden sich in der Gemara des palästinischen Talmuds. Damit befinden wir uns am Beginn des 5. Jh. u.Z. Der Topos in der Mischna, an den die Gemara dabei anschließt (ySota 9,16 [24c] und par. ySchab 6,1 [7d]), ist jener erwähnte wertvolle Kopfschmuck, die „Stadt aus Gold“ (ir schel sahaw), später auch „Jerusalem aus Gold“ (jeruschalem di-dehaba) genannt. [4] Am Schluss des Mischnatraktats Sota (mSota 9,16) findet sich die Bemerkung, dass man nach dem „Krieg des Titus“, d.h. nach der Zerstörung Jerusalems, aufhörte, die Bräute mit „Kronen“ zu schmücken. Im Mischnatraktat Schabbat wird die „Stadt aus Gold“ unter jenen Schmuckgegenständen genannt, die Frauen am Sabbat nicht anlegen sollen, um nicht das Verbot des Tragens und Transportierens zu übertreten. Dazu bringt die Gemara jeweils dieselbe Episode, hier aus ySota 9,16 (24c):

Was sind die Kronen der Bräute? Das ist eine „Stadt aus Gold“. Rabbi Akiba gab seiner Frau eine „Stadt aus Gold“ und die Frau des Rabban Gamaliel beneidete sie. Er (Rabban Gamaliel) sprach zu ihr: „Hättest du getan, was sie getan hat, dass sie ihre Haarflechten verkauft hat und ihm (den Erlös) gegeben hat, und er mühte sich in der Tora?“ [5]

Es gibt in der Forschung einen weitgehenden Konsens darüber, dass diese „Stadt aus Gold“ mit einem im römischen Palästina gängigen ikonographischen Attribut zu tun hat: mit der Stadtmauerkrone der griechischen Schicksalsgöttin Tyche bzw. der römischen Fortuna, die für Schutz, Wohlergehen und Fruchtbarkeit steht. [6] Bis in die byzantinische Zeit hinein wurde die Tyche als Personifizierung einer griechisch-römischen Stadt vielfach dargestellt. Rina Avner-Levy weist darauf hin, dass, wenn im palästinischen Talmud gerade die „Stadt aus Gold“ als Brautschmuck erwähnt wird, damit der Aspekt der Fruchtbarkeit aufgerufen wird. [7] Susan Marks schlägt jedoch im Zusammenhang mit dem Tyche-Aspekt des Schutzes und der großzügigen Versorgung eine andere Richtung ein: Sie interpretiert die Krone der Ehefrau Akibas als den in der Antike gängigen Ehrenschmuck des öffentlichen Wohltäters, der öffentlichen Wohltäterin. [8] Sie verweist dabei besonders auf die Inschrift in der Synagoge von Phokäa, die mitteilt, dass die Stifterin der Synagoge, Tation, mit einem goldenen Kranz (chryso stefano) und einem Ehrenplatz in der Synagoge geehrt wurde. [9] Marks bringt damit einen neuen Aspekt in die Diskussion ein, indem sie vorschlägt, die Überlieferungen um Akiba und seine Frau als rabbinische Auseinandersetzung mit dem Wirken weiblicher Patroninnen und Mäzeninnen zu lesen. Konkret sieht sie in diesen Überlieferungen das Bestreben, die Bedeutsamkeit weiblichen Wohlstands und Reichtums zu minimieren und aus dem öffentlichen in den Privatbereich zu verlegen. [10]

Tatsächlich spielt die Episode ySota 9,16 (24c) sowohl mit dem Gegensatz von Reichtum und Armut als auch mit der öffentlich-politischen und der privaten Ebene. [11] Immerhin ist Rabban Gamaliel II. Präsident des Sanhedrin und somit wird seine Frau als in gesellschaftlich hoher Position stehend angesprochen, [12] als eine, die der Meinung ist, dass ihr eine „Stadt aus Gold“ zustehen würde. Die Episode beschreibt damit einen Konflikt zwischen zwei Frauen, was sicher auch dem „Unterhaltungswert“ der Passage dienen sollte: Eine hochrangige Frau beklagt sich bei ihrem Mann, dass nicht sie, sondern eine gesellschaftlich unter ihr stehende den wertvollen Schmuck trage. Durch dieses Setting wird einmal mehr Marks’ Sicht unterstützt, dass es hier um ein Zeichen öffentlicher Würde geht. Der Konflikt wird von einem Mann in hoher Position entschieden: [13] Nicht in der gesellschaftlichen Stellung einer Frau (und den damit verbundenen finanziellen Möglichkeiten) bestünde die Berechtigung zum Tragen der „Stadt aus Gold“, sondern in ihrer bis in die körperliche Selbstaufgabe hinein reichenden Unterstützung für das Torastudium des Ehemanns. Die verkauften Haarflechten und der Kopfschmuck verweisen somit aufeinander, und die vermögende Frau wird von der aufopferungsvollen Frau überholt. In diesem Text werden zum einen Geschlechtsrollen definiert und individualisiert, zum anderen wird Kritik an Hierarchien geübt: Die (noch) nicht institutionalisierte männliche rabbinische Gelehrsamkeit wird dezidiert höher bewertet als das politische Amt des Rabban Gamaliel. Armut als Problem der rabbinischen Kreise und die daraus resultierende Abhängigkeit von Gönnern und Gönnerinnen werden unter der Textoberfläche erkennbar.

2. Die Tora als wahrer Reichtum: Babylonischer Talmud, Nedarim 50a

Eine weitere und ausführlichere Erzählung über Akiba und seine Frau findet sich im babylonischen Talmudtraktat Nedarim. Damit befinden wir uns nun in einem Umfeld, in dem das Studium der Tora begann, feste institutionelle Formen anzunehmen. Während die rabbinische Gelehrsamkeit vorher und in Palästina vor allem in informellen Netzwerken gepflegt wurde, [14] ging die Redaktion des monumentalen babylonischen Talmud mit der Entstehung entsprechender Schulen einher, in denen ein jahrelanges exklusives Studium möglich war. [15] Erzählungen aus dem Milieu des rabbinischen Studiums nehmen im babylonischen Talmud breiten Raum ein. Zur Darstellung eines bedeutenden Rabbi gehört nun auch das Motiv des jahrelangen Lernens. Vom Babylonien des 6. Jh. aus wurde der Topos des Lehrhauses literarisch in andere Zeiten und Räume projiziert. Nur so kann erzählt werden, dass der um die Wende vom ersten zum zweiten Jh. u.Z. in Palästina lebende Rabbi Akiba 24 Jahre lang das Lehrhaus besuchte. Die Erzählung in bNedarim 50a lautet:

Rabbi Akiba – die Tochter des Kalba Savua traute sich ihm an. Das hörte Kalba Savua und er gelobte, dass sie nichts von all seinem Besitz genießen sollte. Da ging sie und verheiratete sich mit ihm im Winter. Sie lagen im Stroh und er las ihr das Stroh aus den Haaren. [16] Er sagte zu ihr: „Wenn ich könnte, würde ich dir ein Jerusalem aus Gold aufsetzen.“

Da kam Elia in der Gestalt eines Menschen zu ihnen und rief an der Tür und sagte zu ihnen: „Gebt mir ein wenig Stroh, denn meine Frau hat ein Kind geboren, und ich weiß nicht, worauf ich sie legen könnte.“ Da sagte Rabbi Akiba zu seiner Frau: „Sieh, da ist ein Mann, der nicht einmal Stroh hat.“

Da sagte sie zu ihm: „Geh ins Lehrhaus.“ Er ging und blieb für zwölf Jahre vor Rabbi Elieser und Rabbi Jehoschua.

Als die zwölf Jahre um waren, ging er nach Hause. Er hörte hinter seinem Haus, dass ein böser Mann zu seiner Frau sagte: „Dein Vater hat recht an dir getan. Erstens ist er dir nicht ebenbürtig, und außerdem hast du all die Jahre als Witwe gelebt.“ Da sprach sie zu ihm: „Wenn er auf mich hören würde, würde er noch weitere zwölf Jahre bleiben!“ Er (Akiba) sprach: „So hat sie mir also die Erlaubnis gegeben, wieder umzukehren.“ Er kehrte um und ging, und blieb weitere zwölf Jahre.

Dann kam er zurück mit vierundzwanzigtausend Paaren von Schülern.

Alle gingen hinaus um ihn zu begrüßen, und auch sie wollte gehen und ihn begrüßen, da sprach jener Böse zu ihr: „Wohin gehst du denn?“ Sie sprach zu ihm (Sprüche 12,10): „Der Gerechte kennt die Seele seines Viehs.“ Als sie kam, sich ihm zu zeigen, stießen die Gelehrten sie weg. Er sprach zu ihnen: „Lasst sie! Was mir und euch gehört, gehört ihr.“

Das hörte Kalba Savua, und er kam und fragte ihn wegen seines Gelübdes, und er löste es bezüglich seines Vermögens auf.

Wie in der palästinischen Kurzerzählung ySota 9,16 (24c) spielt auch hier das Motiv der materiellen Armut eine wichtige Rolle. Es wird sehr anschaulich herausgearbeitet und in einem Narrativ präsentiert: Das junge Ehepaar hat infolge der Herkunft Akibas und des Gelübdes Kalba Savuas keinen Hausrat, sondern muss auf Stroh schlafen. Auch der Anstoß zum Torastudium ergibt sich – seltsamerweise – aus der Erfahrung der Armut; auslösend ist letztendlich der Besuch des Propheten Elia, der dem Paar (oder genauer: der Ehefrau) bewusst macht, dass es noch größere Bedürftigkeit als die eigene gibt. So wird hier der Weg zur Tora als die Suche nach dem wahren Reichtum dargestellt. Der Beitrag der Frau ist nun jedoch – im Unterschied zu ySota 9 – nicht mehr die materielle Unterstützung; er besteht darin, dass sie ihren Mann motiviert und den Ausschluss vom Familienbesitz sowie eine jahrelange Trennung bewusst auf sich nimmt. Hinzu tritt deshalb in dieser Erzählung das Thema des Getrennt- und Verbundenseins des Paares, die emotionale Erfüllung und Entbehrung. Mit der „paradiesischen“ Szene am Ausgang des Geschehens, an die sich ein Aufbruch ins Ungewisse anschließt, deutet sich bereits an, dass die rabbinische Überlieferung von Rabbi Akiba und seiner Frau auf die biblische Schöpfungsthematik zugreift. Um darauf näher einzugehen, möchte ich bNedarim 50a mit einer weiteren Version der Erzählung vergleichen.

3. Die ideale Eva und die personifizierte Weisheit: Babylonischer Talmud, Ketubot 62b-63a

Im Traktat Ketubot (von den Eheverträgen) ist unsere Erzählung an mKet 5,6 angeschlossen und in eine Sequenz von Erzählungen eingebunden, die das Thema des Getrenntseins von Paaren infolge des Torastudiums des Mannes erörtern und problematisieren. [17] Einen Höhepunkt dieser Sequenz stellt dabei die Erzählung über Akiba und seine Frau dar, da es nur dort die Frau ist, die die Initiative ergreift und den Mann zum Studium schickt. Die Erzählung in Ketubot lautet folgendermaßen:

Rabbi Akiba war Hirte des Ben Kalba Savua. Dessen Tochter sah ihn, dass er bescheiden und vortrefflich war. Sie sprach zu ihm: „Wenn ich mich dir antraue, gehst du dann ins Lehrhaus?“ Er sprach zu ihr: „Ja.“ Sie traute sich ihm heimlich an und schickte ihn weg. Das hörte ihr Vater. Er entfernte sie aus seinem Haus und legte ein Gelübde ab, dass sie von seinem Besitz nichts genießen dürfe. Er (Akiba) ging weg und saß zwölf Jahre im Lehrhaus.

Als er zurückkehrte, brachte er zwölftausend Schüler mit sich. Da hörte er einen Alten, der zu ihr sprach: „Wie lange willst du noch eine lebendige Witwenschaft fortführen?“ Sie sprach zu ihm: „Wenn er auf mich hören würde, würde er noch weitere zwölf Jahre bleiben.“ Er (Akiba) sprach: „Ich tue es also mit Erlaubnis.“ Er kehrte um und saß weitere zwölf Jahre im Lehrhaus.

Als er zurückkehrte, brachte er vierundzwanzigtausend Schüler mit sich. Seine Frau hörte es und ging hinaus, ihm entgegen. Die Nachbarinnen sprachen zu ihr: „Leihe dir Kleidung und bedecke dich.“ Sie sprach zu ihnen (Sprüche 12,10): „Der Gerechte kennt die Seele seines Viehs.“ Als er ankam, fiel sie auf ihr Gesicht und küsste seine Füße. Seine Diener stießen sie weg, aber er sagte zu ihnen: „Lasst sie! Was mir und euch gehört, gehört ihr.“

Es hörte ihr Vater, dass ein großer Mann in die Stadt gekommen war. Er sprach: „Komm zu mir, vielleicht kannst du mein Gelübde auflösen!“ Er (Akiba) kam zu ihm und sprach zu ihm: „Und wenn du gewusst hättest, dass es sich um einen großen Mann handelte, hättest du dann das Gelübde getan?“ Er (Kalba Savua) sprach zu ihm: „Wenn er nur einen Bibelabschnitt, nur eine Halacha gewusst hätte (hätte ich es nicht getan)!“ Er sprach zu ihm: „Ich bin es.“ Da fiel er auf sein Gesicht und küsste seine Füße und gab ihm die Hälfte seines Besitzes.

Die Tochter des Rabbi Akiba tat dasselbe dem Ben Asai. Das ist es, was die Leute sagen: „Ein Mutterschaf (rachel) geht dem anderen hinterher, wie die Taten der Mutter sind, so auch die der Tochter.“

Diese Version unseres Erzählstoffes verstehe ich als den Abschluss des bis hierher nachgezeichneten Überlieferungsprozesses. Während die Erzählung aus dem palästinischen Talmud literarisch mit dem Kontrast von Armut und Reichtum und einem paradoxen Wechsel von Hoheit und Niedrigkeit, von Schande und Ehre, arbeitet, entsteht in den beiden babylonischen Texten ein dynamisches Geschehen zwischen Akiba und seiner Frau. Die Version in Nedarim steht dabei jedoch dem Text aus dem palästinischen Talmud näher: die konkrete, materielle Entbehrung und die Diskussion der gesellschaftlichen Unterschiede spielt in Nedarim eine wichtige Rolle; so wird die Ehefrau ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ihr Mann ihr „nicht ebenbürtig“ sei. Zudem wirkt die Nedarim-Version unstrukturierter: Die Szene zwischen dem jungen Paar wie auch die Erscheinung des Elia werden mit viel Freude am Detail dargestellt, ohne auf ein Gesamtkonzept zu verweisen. Diese geringere rhetorische Raffinesse kann ein Hinweis auf palästinische Ursprünge sein. Ich halte deshalb die Nedarim-Version für älter als die Erzählung in Ketubot und eher auf einen palästinischen Hintergrund referierend. Nicht zuletzt kann das Attribut der „Stadt aus Gold“, welches in Ketubot nicht mehr erscheint, diese Sichtweise unterstützen. Möglicherweise war die Bedeutung dieses Attributs in Babylonien weniger verständlich.

In den palästinischen Strang der Überlieferung passen dann auch ARN A 6 [18] und ARN B 12 [19] als talmudisch-nachtalmudische Texte. Der Akzent liegt dort wieder auf Armut und Reichtum, auf dem Wechsel von der Niedrigkeit zur Hoheit. Es werden die Armut und der Kinderreichtum des Rabbi Akiba geltend gemacht, durch die er sich aber nicht vom Torastudium abhalten ließ. Die Taten seiner Frau werden nur in kürzester Form erwähnt, dass sie für ihn sorgte bzw. „Verdienste hatte“. In ARN A 6 heißt sie Rachel, infolge der abschließenden Bemerkung in der Ketubot-Version, in der sie und ihre Tochter mit Schafen verglichen werden. Sie erhält in beiden Versionen das „Jerusalem aus Gold“ sowie goldene Sandalen. Dabei wird gefragt, ob diese hohe Wertschätzung nicht übertrieben sei, bzw. sogar die Söhne Akibas (ARN B 12) oder seine Schüler diskreditieren würde; selbstverständlich wird dies verneint und Rachels Ehrung als angemessen für ihr Engagement für die Tora gesehen.

Auch in der Ketubot-Version ist das Thema Armut sehr präsent. Doch konzentriert sich das erzählerische Interesse viel stärker als in Nedarim auf das Erleben der Ehefrau und ihre Sicht auf die Beziehung. Anderes fällt weg, wie z.B. die Liebesszene am Beginn, die erzählerische Schilderung des einfachen Lebens des Paares, der Besuch des Elia, und auch die Bemerkung, dass Akiba seiner Frau nicht ebenbürtig sei. M.E. kann dadurch in Ketubot von einer stärkeren „Kontrolle“ der Frau des Akiba durch die Autoren gesprochen werden; sie soll als die ideale Frau gezeigt werden, welche in ihrer Person die krassesten Widersprüche ausgleichen kann. [20]

Im Unterschied zu diesem Vorschlag zur Überlieferungsgeschichte (Nedarim-Ketubot) trägt Tal Ilan die These vor, dass die Ketubot-Version derjenigen in Nedarim zugrunde liegen würde. [21] Ihr Argument ist, dass die in Ketubot deutlicher erkennbare Initiative der Frau, die dem Mann eine Beziehung anbietet, ursprünglich sei und im Laufe des Überlieferungsprozesses reduziert und entfernt worden wäre. Das „Herausschreiben“ von Frauen aus dem Überlieferungsprozess ist in der Tat ein in der rabbinischen Literatur zu beobachtendes Geschehen und gerade Ilan hat dies überzeugend dargelegt. [22] Doch muss m.E. in unserem Fall anders gefragt werden. Die Initiative der Tochter des Kalba Savua im Traktat Ketubot ist keineswegs die freie erzählerische Darstellung eines ungewöhnlichen und Anstoß erregenden Verhaltens; es handelt sich hier vielmehr klar um ein theologisch-anthropologisches Konzept: Die Protagonistin in der Ketubot-Version trägt sowohl Züge der idealen Eva als auch der personifizierten Weisheit. Dies soll im Folgenden vor allem anhand der Ketubot-Version der Erzählung gezeigt werden.

3.1 Bezugnahmen auf Genesis 1-3

Was die Paarbeziehung betrifft, ist besonders in Ketubot die Dynamik von Genesis 1-3 im Hintergrund zu erkennen: Es geht um Gleichwertigkeit und um Komplementarität der Geschlechter, um das literarische und theologische Spiel mit Über- und Unterordnung; es geht um das Thema des Zusammenseins, des „Ein-Fleisch-Seins“ und der Fruchtbarkeit. Eingeleitet wird die Handlung durch eine von der Frau ausgehende „Verführung“, nicht, wie in Genesis 3,6 zu einer Gebotsübertretung, sondern gerade zur Fülle des Lebens, zur Tora. Das ist m.E. eine deutliche Anspielung darauf, dass die Tora in der rabbinischen Tradition mit Sprüche 3,18 (ein Baum des Lebens ist sie, für die, die sie ergreifen) als „Baum des Lebens“ gilt. [23] Akiba und seine Frau sind in Ketubot das ideale und paradigmatische Paar. Sie gibt ihm den Impuls zum Studium und nimmt die Trennung von ihrer Familie wie auch eine zweimal zwölfjährige Trennung von ihrem Mann auf sich. Ohne die zusätzlichen Details der Nedarim-Version (der Besuch des Elia, die Episode mit dem „Jerusalem aus Gold“) sind in Ketubot Beginn und Ende der Erzählung, jeweils die Zeiten des Zusammenseins des Paares, viel eindeutiger aufeinander bezogen. Dazwischen stehen die Zeiten des Getrenntseins bzw. der unsichtbaren Verbundenheit. Doch gerade diese Zeit ist in der Erzählung die eigentlich fruchtbare, was sich an der idealen Zahl der vierundzwanzigtausend Schüler zeigt. Der Ausgleich mit dem Vater, wodurch dann auch der materielle (und ebenfalls paradiesische) Wohlstand wieder da ist, ergibt sich dann von selbst.

3.2 Tora und Weisheit/chokhmah

Doch darüber hinaus ist das unterschwellige „Wissen“ der Ehefrau das Movens der Erzählung bKet 62b-63a. Die Rolle der Erkenntnis, und damit der Tora, in diesem Text ist nicht ganz leicht zu beschreiben. Zunächst ist zu bemerken, dass gerade das Torastudium des Akiba der dem Vater unbekannte Grund des Gelübdes war (der ja den Akiba wegen seiner Unwissenheit nicht zum Schwiegersohn wollte), indem es die Bedingung für die Eheschließung darstellte. Bereits hier „wusste“ die Frau Akibas etwas, was ihr Vater nicht sehen konnte. Eben dieses Studium konnte dann aber das Gelübde außer Kraft setzen, da nun auch der Vater Akibas offensichtliches Potential wahrnehmen konnte. Während aber Kalba Savua wie auch Akiba selbst all diese Zusammenhänge während des Verlaufs nicht erkennen konnten, überblickte und leitete die Frau bzw. Tochter das Geschehen genau an diesen Punkt. Ihre intuitive und souveräne Einschätzung der Situation einerseits und Akibas Tora andererseits verweisen somit über die gesamte Erzählung hinweg aufeinander und spiegeln sich ineinander. Es spricht deshalb einiges dafür, dass die Frau des Akiba Züge der personifizierten Weisheit trägt. [24]

Bereits seit vorexilischen Zeiten existierte im israelitischen Denken das Konzept einer solchen Weisheit, die sich auch jenseits des pentateuchischen Geschichtsnarrativs, des Exodus-Sinai-Entwurfs, und jenseits der biblischen Prophetie auszudrücken vermochte. Wir finden es vor allem im Proverbienbuch, im Buch Kohelet und im Hiobbuch, sowie während der Zeit des Zweiten Tempels im Buch Jesus Sirach. Die in diesen Werken angesprochene Weisheit steht für eine verlässliche göttliche und kosmische Ordnung der Gerechtigkeit und Güte. Denen, die sich um sie bemühen, verschafft die Weisheit Zugang zur Fülle des Lebens. Ihr Thema ist die Schöpfung, deren Reichtum und gute Ordnung. Auch über die Hebräische Bibel hinaus wird diese Weisheit als Frauengestalt dargestellt: als ernährende Mutter, aber auch als Liebende und Geliebte und verantwortungsvolle Lebenspartnerin. [25] Es wäre fast möglich, die Passage Sprüche 3,13-18 als Subtext unserer Erzählung zu lesen:

Wohl dem Mann, der Weisheit gefunden, / dem Mann, der Einsicht gewonnen hat.
Denn sie zu erwerben ist besser als Silber, / sie zu gewinnen ist besser als Gold.
Sie übertrifft die Perlen an Wert, / keine kostbaren Steine kommen ihr gleich.
Langes Leben birgt sie in ihrer Rechten, / in ihrer Linken Reichtum und Ehre;
ihre Wege sind Wege der Freude, / all ihre Pfade führen zum Glück.
Wer nach ihr greift, dem ist sie ein Lebensbaum, / wer sie fest hält, ist glücklich zu preisen.

Insbesondere in Jesus Sirach wird diese Weisheit mit der Tora ausdrücklich in eins gesetzt, eine Identifikation, die schon in der nachexilischen Überlieferung vorhanden war. [26] Das rabbinische Konzept der Tora integriert diesen Weisheitsbegriff, was beispielsweise daran deutlich wird, dass sich die Rabbinen als „Weise (chakhamim)“ bezeichnen. [27] Insbesondere im babylonischen Talmud ist Tora weit mehr als konkrete Handlungsanweisung und situationsbezogene Anwendung der Tradition, sondern ein umfassendes und zeitunabhängiges Wissen und Verstehen der Welt, die Kenntnis einer göttlichen Ordnung, um die man sich lebenslang bemühen muss. [28] Und auch die rabbinischen Autoren können die Tora in erotischen Bildern als Frau beschreiben. [29]

Diese Deutung der Frau des Akiba als personifizierte Weisheit – und somit als personifizierte Tora – lässt diese Gestalt sehr vielschichtig erscheinen. Beides fällt zusammen: Indem Akiba seine Frau „erwirbt“, erwirbt er die Tora. Die lebensspendende Funktion Evas als Mutter allen Lebens (Genesis 3,20) fällt zusammen mit der lebensspendenden Funktion der Tora, die zugleich die schöpferische Potenz der Weisheit ist (vgl. Sprüche 8,22-31; vgl. Midrasch Genesis Rabba 1,1). Doch während Akiba (dies) erst „lernen“ und selbst erfahren muss, weiß sie die ganze Zeit über, worum es geht, und kommt selbstverständlich am Ende zum Erfolg, so dass dann zugleich mit der erworbenen Weisheit materieller und emotionaler Reichtum vorhanden sind. Indem sie den, den sie mag, zum Baum des Lebens und zur Fülle des Lebens führt, repräsentiert sie die verlässliche Ordnung der Gerechtigkeit und Güte. Letztendlich steht sie über Akiba, und er ist es, der sich mühen muss, um ihr ebenbürtig zu werden (vgl. bNed 50a).

Doch lassen die Verfasser dieses „höhere“ Niveau der weiblichen Heldin paradoxerweise gerade darin zum Ausdruck kommen, dass die Frau Akibas es nicht in der Praxis geltend macht. Diese Ambivalenz kommt über den Vers Sprüche 12,10: Der Gerechte kennt die Seele seines Viehs zum Ausdruck. [30] Muss dieser Vers hier ausschließlich im Sinne von Unterwerfung gelesen werden? Es wäre zunächst hervorzuheben, dass diese Schriftzitation die einzige im gesamten Erzählzusammenhang ist, wodurch die Frau des Akiba unter der Hand als Gelehrte präsentiert würde. Weiterhin spricht aus diesem Zitat ein unerschütterliches Vertrauen jenseits des Rationalen, was auf den ganzheitlichen Charakter und die Größe ihrer Weisheit verweist. Dazu kommt: Es ist höchstens an der Textoberfläche eindeutig, wer von beiden der oder die Gerechte und wer das Vieh ist. Ist „das Vieh“ bildlich gesprochen wirklich die Ehefrau, die darauf vertraut, dass ihr Mann sie materiell und emotional nicht zurückweisen wird? Dagegen spräche, dass sie im Unterschied zu Akiba das Geschehen die ganze Zeit über souverän deuten konnte. Sie kennt ihren Mann, und weiß, dass er nun genug gelernt hat, um sie würdigen zu können. Dann wäre hier ein umfassendes wechselseitiges Erkennen intendiert, das den Bogen zum Beginn der Geschichte, an dem die Initiative von ihr ausgeht, zurück schlägt.

Die Verfasser dieser Geschichte zeigen am Prozess des Akiba, dass der Erwerb von Tora buchstäblich und real ein Weg zum Leben ist. Indem er Tora erwirbt, erwirbt er die ganze Fülle der Beziehungsfähigkeit, verlässliche und befriedigende Komplementarität der Geschlechter in einer Atmosphäre der materiellen Sicherheit. Das Leben eben.

4. Schluss: (jenseits der) Legitimationsdiskurse

In bKet 62b-63a, einer äußerst kunstvoll gestalteten Passage babylonisch-talmudischer Rhetorik und Theologie, erweist sich die Frau des Akiba als die wahre eser kenegdo, die Hilfe, die ihm entspricht (Genesis 2,18), die ihrem Mann dazu verhilft, seine schöpfungsgemäße Bestimmung zu erreichen. Es scheint fast so, als ob sie göttliche Qualitäten bekommt: Die wohlhabende und liebevolle Frau, die auf einmal bei Akiba und seinen Schafen erscheint, ist die sich vom Himmel herab entäußernde Tora. Sie ist auch die Schechina, die Israel ins Exil begleitet und schließlich wieder zurückbringt.

Damit ist allerdings die Komplexität unserer Erzählung, die immer auf mehreren Ebenen arbeitet, noch nicht vollständig erfasst. Dem Ganzen liegt ja eine Konstruktion zugrunde, die eine nahezu unausweichlich disziplinierende Botschaft vermittelt: die Weisheit unterwirft sich der Tora. Das ist das, was am Ende geschieht, wenn die Frau des Akiba sich ihrem Mann zu Füßen wirft. Die Verfasser sichern das zwar so weit ab, dass sie in diesem Moment weiß, dass er ihren wahren Wert kennt, aber sie geht das Risiko der Selbstaufgabe ein und unterwirft sich. Das Ungleichgewicht wird noch dadurch verstärkt, dass die Schüler sie wegstoßen wollen. Mit den Worten „was mir und euch gehört, gehört ihr“ findet eine Aneignung und Ent-Eignung statt: Zwar gehörte und gehört das Wissen „eigentlich“ ihr, aber die Verfügung über die Tora haben nun Rabbi Akiba und seine Schüler. Dass die Tora eigentlich ihr gehört, hat in der Praxis keine Konsequenz mehr, auch wenn sie mit einer goldenen Krone geehrt wird. Rückblickend zeigt sich, dass die Geschlechtsrollen in bKet 62b-63a analog zu dieser Aneignung gestaltet sind: die lebendige Weisheit, Kreativität und Widerständigkeit der Heldin unterstützt und ermöglicht das rabbinische männliche Toralernen. Das ist für die Autoren die schöpfungsgemäße Bestimmung beider. Dass die Verfasser dabei genau wissen, was sie tun, wird an ihrer Empathie für die Frau des Akiba deutlich.

Dies alles kann im Kontext der Selbstreflexion und Selbstvergewisserung der rabbinisch-babylonischen Schulen in der Redaktionsphase des babylonischen Talmuds gelesen werden. Wie alle anderen philosophisch-theologischen Schulen ihrer Zeit präsentierten diese sich als männliches Unternehmen, das sich gerade dadurch qualifizierte, dass es ohne die Mitwirkung von Frauen gedacht war. Auf dem Weg zu einer neuen Stufe der Institutionalisierung erschien es nötig, dies erneut klarzustellen.


 

[1] Dieser Beitrag beruht auf dem Manuskript meiner öffentlichen Habilitationsvorlesung an der Theologischen Fakultät Basel am 4.5.2010.

[2] Vgl. Ilan, Tal: Mine and Yours are Hers. Retrieving Women’s History from Rabbinic Literature, Leiden 1997, 38-43. Zur Datierung der beiden Versionen von ARN vgl. Stemberger, Günter: Mischna Avot. Frühe Weisheitsschrift, pharisäisches Erbe oder spätrabbinische Bildung?, in: Zeitschrift für die Neutestamentliche Wissenschaft und Kund der Älteren Kirche 96 (2005), 243-258, 247.

[3] Das Thema der Akiba-Rachel-Überlieferungen ist zuletzt durch Susan Marks in ihrem Beitrag „Follow that Crown: Or, Rhetoric, Rabbis, and Woman Patrons“ (Journal of Feminist Studies in Religion, Vol. 24/2, Fall 2008, 77-96) untersucht worden. Marks widmet sich vor allem der kulturgeschichtlichen Interpretation der Krone der Rachel, die sie m.E. zu Recht als ein Signal für die Aktivität von Frauen als Sponsorinnen und Mäzeninnen deutet, sowie der Bedeutung dieses Motivs in den entsprechenden rabbinischen Texten. Marks benennt als ein Interesse der von ihr angeführten Texte: „to domesticate wealth associated with women“ (95). Eine ähnliche Bewegung der „Domestizierung“ – mit dem dahinter liegenden Hinweis auf die Kraft und Wirksamkeit von Frauen – lässt sich auch mit Blick auf die Schöpfungsmotive in der Akiba-Rachel-Überlieferung beschreiben.

[4] In ySchab 6,1 (7d) wird darüber hinaus mitgeteilt, dass die Rabbinen von Caesarea diesen Kopfschmuck prws twq tqlyn nennen. Saul Liebermann sah dies als korrumpierte Form des griechischen chrysostefanos/goldener Kranz an und wies darauf hin, dass das hebräische khaf und pe oft verwechselt wurden, vgl. Liebermann, Saul: Hayerushalmi kifshuto, Jerusalem 1934, 102, vgl. Marks, 86. Shalom M. Paul teilt in seinem Beitrag „Jerusalem – City of Gold“, in: Israel Exploration Journal 17 (1967), 257-263, mit, dass Lieberman aufgrund der Lesart des Aruch prstqtlyn auch die Bedeutung chrysokastellion/goldene Burg für möglich hielt, ebd. 262 Anm. 24. Jastrow, Marcus: A Dictionary of the Targumim, the Talmud Babli and Yerushalmi, and the Midrashic Literature, New York 1985, liest: chrysokastellion. Vgl. auch Levy, Jacob: Wörterbuch über die Talmudim und Midraschim IV, Berlin/Wien 1924, 125-126. Vgl. Hüttenmeister, Frowald Gil: Übersetzung des Talmud Yerushalmi, Bd. II/1 (Schabbat-Shabbat), 171.

[5] Übersetzung der Quellentexte: SP.

[6] Vgl. Marks, Follow that Crown, 88-89. Ebd. auch der Hinweis auf Paul, 259, der das Vorkommen eines Schmuckgegenstandes namens „Stadt aus Gold“ unter den Besitzlisten der ugaritischen Königin Ahatmilku erwähnt. Zum Bedeutungsspektrum der Mauerkrone vgl. Meyer, Marion: Die Personifikation der Stadt Antiocheia. Ein neues Bild für eine neue Gottheit, Berlin 2006, 110-112. Zur orientalischen Tradition des „Bildelements Mauerkrone“ vgl. dies., 157-166.

[7] Avner-Levy, Rina: A Note on the Iconography of the Personifications in the “Hippolytos Mosaic” at Madaba, Jordan, in: Liber Annuus (Studium Biblicum Franciscanum), 46 (1996), 363-374, 367.

[8] Marks: Follow that Crown (wie Anm. 3), 79. 82. 89 (mit Verweis auf Plinius, Historia naturalis 22,4).

[9] Ebd., 86 (mit Verweis auf Ameling, Walter: Inscriptiones Judaicae Orientis, Bd. 2: Kleinasien, Tübingen 2004, inscription 36).

[10] Ebd., 79. 95.

[11] Vgl. dazu ebd., 79-80.

[12] Vgl. bSchab59a.b, dort heißt es, dass nur eine gesellschaftlich hoch stehende Frau (ischa chaschuwa) eine „Stadt aus Gold“ tragen würde.

[13] Auf das Verhältnis zwischen Rabban Gamaliel und seiner Frau wird sonst nur in mBer 1,15-16 Bezug genommen.

[14] Vgl. Hezser, Catherine: The Social Structure of the Rabbinical Movement in Roman Palestine, Tübingen 1997, 228-239 u.ö.

[15] Vgl. Rubenstein, Jeffrey L.: The Culture of the Babylonian Talmud, Baltimore 2003, 16-38.

[16] Diese für talmudische Verhältnisse sehr innig gestaltete Liebesszene hat die Überlieferer mitunter in Verlegenheit gebracht. Die Erstdruckausgabe des babylonischen Talmuds (Venedig 1520-23) und mit ihr die bis heute gebräuchliche Druckausgabe Wilna 1876 lesen statt „er las ihr das Stroh aus den Haaren“: „er las sich das Stroh aus den Haaren“. Die Handschrift München (1342) hat hingegen eindeutig „er las ihr das Stroh aus den Haaren“. Das ist auch literarisch überzeugender, da so auf den der Kontrast zwischen dem Stroh und der goldenen Krone in ihren Haaren hingewiesen wird.

[17] Vgl. Rubenstein, Culture, 102-118. 193 Anm. 9. Vgl. Boyarin, Daniel: Carnal Israel. Reading Sex in Talmudic Culture, Oxford 1993, 150-156.

[18] Aboth de Rabbi Nathan, edited from Manuscripts with an Introduction, Notes and Appendices by Solomon Schechter, New York 21967, 29-30. Becker, Hans-Jürgen (Hg.): Avot de-Rabbi Natan, Tübingen 2006, 83-84 (ARN A 6) und 340 (ARN B 12).

[19] Ebd., 30, übersetzt in: Ilan, Mine and Yours are Hers, 43.

[20] Rubenstein bezeichnet sie deshalb sehr zutreffend als “fantasy wife”! Vgl. Rubenstein, Culture, 112-113.

[21] Ilan, Mine and Yours are Hers, 41-42, mit Bezugnahme auf Aderet, A.: The Story in Sefer ha-Aggada B, in: Alei Siah 4-5 (1978), 122-139 (Hebr.).

[22] Ilan, Tal: Silencing the Queen, Tübingen 2006. Ebd., 2: “When I first set out on this expedition into gender country I thought that this elimination phenomenon which I designated ‘censorship,’ was marginal and amusing, evident occasionally in the texts and deserving a footnote here or there, or a short publication at most. Today I have become convinced that, in study women and ancient texts, this is the most dominant and decisive feature, which scholars should seek out relentlessly.”

[23] Vgl. z.B. bBer 32b; bTaan 7a, sowie den liturgischen Brauch, diesen Vers am Ende der synagogalen Toralesung zu rezitieren.

[24] Ich danke Silvia Schroer (Bern) für diesen Hinweis.

[25] Vgl. Schroer, Silvia: Die Weisheit hat ihr Haus gebaut, Studien zur Gestalt der Sophia in den biblischen Schriften, Mainz 1996, 38-43 u.ö. Dies.: Frau Sophia. Die personifizierte Weisheit als bibeltheologische Schlüsselfigur, in: Bibel und Kirche 59 (4/2004), 195-202, 196. Vgl. Zenger, Erich: Einleitung in das Alte Testament, Stuttgart 72008, 329-334. Vgl. Keel, Othmar: Die Geschichte Jerusalems und die Entstehung des Monotheismus 2, Göttingen 2007, 1160-1161.

[26] Vgl. Maier, Christl: Art. Weisheit (Personifikation) (AT) 1.1.3., http://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/ (24.3.2011). Maier weist dort ausdrücklich auf die Verknüpfung von Weisheit und Reichtum/Wohlstand hin.

[27] Vgl. Schäfer, Peter: Weibliche Gottesbilder im Judentum und Christentum, Frankfurt 2008, 111.

[28] Zum spezifischen (umfassenden und vielschichtigen) Toraverständnis des babylonischen Talmud vgl. Rubenstein, Culture, 39-53. Vgl. auch Boyarin, Daniel: Den Logos zersplittern. Zur Genealogie der Nichtbestimmbarkeit des Textsinns im Midrasch, Berlin 2002, 4.

[29] Vgl. Rubenstein, Culture, 118-120.

[30] Dieser Vers wird außerhalb unseres Erzählzusammenhanges und im übertragenen Sinne in der rabbinischen Literatur nur in der späteren (Midrasch-)Literatur gebraucht: 1. als Metapher für das Erbarmen Gottes mit Noah und seinen Tieren (z.B. Aggadat Bereschit 4,1); 2. als Vergleich dafür, dass Gott das Leiden der versklavten Israelitinnen und Israeliten in Ägypten sah und erkannte (z.B. Midrasch Leqach Tov zu Ex 2,25); 3. als Metapher für die Möglichkeit der Umkehr, die Gott der Bevölkerung Sodoms eröffnete (z.B. Midraschim Sekhel Tov und Leqach Tov zu Ex 18,21). In Kalla Rabbati 9,20 erscheint der Vers, um zu unterstreichen, dass, wer seinen Esel oder seine Ehefrau verkauft, „kein Zeichen des Segens sehen werde“.

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Susanne Plietzsch,

Theologin und Judaistin, 2009 Habilitation in Jüdischen Studien an der Universität Basel, seit Oktober 2010 Professorin für Judaistik an der Universität Salzburg

© Susanne Plietzsch, 2011, lectio@theol.unibe.ch, ISSN 1661-3317

 
 
 
 

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