Archiv - Hier finden Sie frühere Ausgaben von lectio.

02-2019

Ausgabe 02/2019
Marianne GrohmannMetaphern für Fehlgeburt in den Psalmen

Abstract:

This article is a translation of Marianne Grohmann’s article “Metaphors of Miscarriage in the Psalms” (2019).[1] It applies the conceptual blending theory of metaphor to a specific imagery in the Psalms: metaphors of miscarriage and stillbirth. It asks whether miscarriage is considered a real threat or a “mere” metaphor in these texts, and situates the texts within the conceptual systems about miscarriage and stillbirth in the Hebrew Bible and the Ancient Near East. In the Psalms, miscarriage and stillbirth are described by three terms with different connotations: שׁכל (bereavement) in Psalm 35:12, נפל (falling down) in Psalm 58:9, and יצא (going forth/coming out) in Psalm 144:14. Conceptual blending offers a framework to integrate both “literal” and “metaphoric” references to miscarriage in the Psalms.

1. Aspekte kognitiver Metapherntheorien

Kognitive Metapherntheorien sind zu einem etablierten Konzept für die Analyse von Sprachbildern in der Hebräischen Bibel geworden.[2] Eine grundlegende Einsicht von Kognitionstheorien ist, dass Metaphern nicht nur eine Angelegenheit von Sprache und Poetik sind, sondern ein allgemeines Konzept menschlichen Denkens. Metaphern sind ein Phänomen der Alltagssprache und der Wahrnehmung der Welt.[3]

In einer Metapher werden zwei semantische Felder kombiniert, um neue Assoziationen zu schaffen. „The essence of metaphor is understanding and experiencing one kind of thing in terms of another.“[4]

Die beiden Elemente der Metapher werden von Lakoff und anderen als „Source Domain“ und „Target Domain“ bezeichnet.[5] Die Beziehung zwischen diesen beiden Elementen oder Gedanken kann beschrieben werden als „Source-to-Target-Mapping“: „We use a metaphor to map certain aspects of the source domain onto the target domain, thereby producing a new understanding of that target domain.“[6]

Die „Conceptual Blending Theory“ (konzeptionelle Überblendungstheorie) ging Mitte der 90er Jahre aus der kognitiven Linguistik hervor und wurde teilweise von denselben Personen entwickelt. Diese Theorie beschreibt Source und Target Domain als „Input Spaces“ (Eingaberäume), die als „Packets of Conceptual Knowledge“[7] (Pakete konzeptionellen Wissens) definiert sind. Dabei handelt es sich um Hintergrundwissen, das mehr enthält, als in der Metapher ausgedrückt wird. Während die Terminologie von „Tenor“ und „Vehicle“ oder „Source“ (Quelle, Ursprung) und „Target“ (Ziel) einen einlinigen Prozess impliziert, betrachtet die Überblendungstheorie die Beziehung zwischen den beiden „Input Spaces“ als wechselseitig und beweglich in beide Richtungen.

Zusätzlich zu den zwei - oder manchmal mehr - „Input Spaces“ beschreibt die konzeptionelle Überblendungstheorie einen dritten Raum, der dem tertium comparationis in klassischen rhetorischen und poetischen Theorien ähnlich ist. Dies ist der „Generic Space“, der aus den gemeinsamen generischen Eigenschaften der Eingabebereiche besteht. Dieser Raum „contains the (abstract) concepts that the two central frames have in common“.[8]

In Anlehnung an die metaphorische Interaktion ist die Innovation der konzeptionellen Überblendungstheorie der vierte Raum, der „Blended Space“ (überblendeter Raum) oder „Blend“ (Überblendung, Vermischung): „Elements and relations from the two central spaces are projected into this space and are subsequently blended, thus creating novel conceptual structure.“[9] Die Metapher schafft Bedeutungen, die weder aus der „Source“ noch aus dem „Target“ stammen: „Metaphor can contain implications that pertain in none of the input spaces and only emerge in the course of the metaphorical process itself.”[10] Der überblendete Raum entsteht durch die Aktivität des Lesers/der Leserin: „The blend is a matter of our imagination.“[11] Der metaphorische Prozess endet nicht mit der Überblendung, sondern kann darüber hinaus zu einem erneuten Verständnis der „Input Spaces“ und des „Generic Space“ führen.[12] Auf diese Weise kann die Beziehung zwischen den verschiedenen Räumen Bedeutungsübertragungen in alle möglichen Richtungen beinhalten.

Das Problem der Interpretation biblischer und antiker mesopotamischer Texte liegt in dem großen Graben zwischen unseren zeitgenössischen konzeptionellen Metaphern und der Antike. Metaphern rufen bei Lesern und Leserinnen mit unterschiedlichem Hintergrund unterschiedliche Assoziationen hervor.[13] „That is, metaphors are not only contextual on the linguistic or semantic levels, they are also culturally contextual.“[14] Es sind Leserinnen und Leser aus verschiedenen Zeiten, Orten und Kontexten, die Texte verknüpfen, die Metaphern identifizieren und Sinn schaffen, indem sie die Lücken füllen. Der kulturelle Kontext beeinflusst die Strukturierung von Metaphern. Daher ist es notwendig, diese unterschiedlichen Kontexte bei der Systematisierung von Grundmetaphern zu berücksichtigen.[15]

Der folgende Artikel wendet diesen theoretischen Hintergrund auf eine bestimmte Bildsprache in den Psalmen an: Metaphern von Fehlgeburten oder Totgeburten. Es wird gefragt, ob Fehlgeburten in diesen Texten als echte Bedrohung oder als „bloße“ Metapher betrachtet werden, und die Texte werden in den konzeptionellen Systemen über Fehlgeburten und Totgeburten in der Hebräischen Bibel und im Alten Orient verortet.

2. Metaphern für Fehlgeburt in den Psalmen

Die tödliche Gefahr, die von Schwangerschaft und Geburt für Mutter und Kind ausgeht, war in der Antike allgegenwärtig. Fehlgeburten sind in der Hebräischen Bibel kein Tabu und werden in juristischen (Exodus 23,25-26), narrativen (2 Könige 2,19.21) und poetischen Zusammenhängen (Kohelet 6,3) konkret erwähnt. Die Psalmen reflektieren das Thema der Fehlgeburt dreimal und verwenden dabei je unterschiedliche Terminologie: שׁכלin Psalm 35,12; נפל in Psalm 58,4.9, und יוצאת in Psalm 144,14.

2.1 Psalm 35,12: Fehlgeburt als Verwaistsein/Beraubung der Eltern (שׁכל)

Fehlgeburt ist ein Aspekt der vielen möglichen Bedeutungen von Psalm 35,12.

יְשַׁלְּמ֣וּנִי רָ֭עָה תַּ֥חַת טוֹבָ֗ה

שְׁכ֣וֹל לְנַפְשִֽׁי׃

12a Sie vergelten mir Böses anstelle von Gutem,

12b Beraubung für meine Seele.[16]

Im Kontext von Psalm 35, einer individuellen Klage,[17] handelt dieser Vers von den Feinden des Beters/der Beterin, den böswilligen Zeugen (עדי חמס, Vers 11). Eine ihrer Bedrohungen ist שְׁכוֹל לְנַפְשִׁי (Beraubung / Verwaisung / Kinderlosigkeit / Verlust von Kindern - für meine Seele / Leben / Vitalität / mich selbst).[18]

Psalm 35,12 ist ein schwieriger Text. Textprobleme und die dramatischen Beschreibungen der Feinde bieten vielfältige Herausforderungen und Interpretationsmöglichkeiten. Einer der bedrohlichen Aspekte der Feinde ist שְׁכוֹל לְנַפְשִׁי. Gemäß Vers 11 erheben sich עדי חמס (böswillige / falsche Zeugen) - möglicherweise von den Feinden angestiftet - und zahlen dem dem Beter/der Beterin „Böses für Gutes/anstelle von Gutem“ zurück (רָעָה תַּחַת טוֹבָה). Die Verse 11-12 rufen eine Situation vor Gericht hervor: „In what seems to be a court procedure, the supplicant mentions the unfair treatment from violent witnesses rising against him.“[19]

Die Klimax dieser Handlung ist das facettenreiche שְׁכוֹל לְנַפְשִׁי (Beraubung in Bezug auf mein Leben). Viele Exegeten hatten Schwierigkeiten, die Semantik dieser Formulierung zu verstehen, die an keiner anderen Stelle in der Hebräischen Bibel auftaucht.[20] Obwohl keine Belege aus hebräischen Manuskripten vorliegen, sehen einige hier einen Schreibfehler und ändern die Buchstabenfolge in שָׂכוּ לְנַפְשִׁי: „Sie sind auf der Suche nach meinem Leben.“[21] Andere verstehen den Begriff metaphorisch und übersetzen ihn allgemeiner mit Verlassenheit, [22] Vereinsamung [23] oder Verwüstung. [24]

Die Septuaginta ist nahe am masoretischen Text: καὶ ἀτεκνίαν τῇ ψυχῇ µου (und Kinderlosigkeit für meine Seele). Die Vulgata spiegelt dasselbe Verständnis wider: sterilitatem animae meae (Unfruchtbarkeit für meine Seele). Luther folgt dieser Tradition und interpretiert Sterilitas auf spirituelle Weise, als die Seele unglücklich machend.[25] Jüdische Interpretationen versuchen, dem hebräischen Text so nahe wie möglich zu kommen. Samson Raphael Hirsch zum Beispiel übersetzt „Kinderraub an meiner Seele“[26] und Buber „Verwaisung“. Radak erklärt שְׁכוֹל לְנַפְשִׁי folgendermaßen:

[27] ‪הדבר  הזה הוא כמות לנפשי

Diese Sache / Handlung / Angelegenheit ist wie der Tod für mein Leben / meine Seele.

שׁכל ist eine facettenreiche Wurzel, und es ist schwierig, ein englisches oder deutsches Äquivalent zu finden. Übersetzungen spiegeln jeweils natürlich nur eine von vielen Facetten wider. Das Substantiv שְׁכוֹל kommt nur hier und in Jesaja 47,8-9 vor und steht dort parallel zu אַלְמֺן (Witwenschaft). שׁכל als Verb bedeutet im Qal übersetzt „Kinder verlieren“ / „der Kinder beraubt werden“. Nach Genesis 27,45d hat Rebekka Angst, ihrer Söhne beraubt zu werden, zu verwaisen, und Jakob drückt eben diese Angst in Genesis 43,14a aus. Der Ausdruck deutet immer auf eine plötzliche und gewaltsame Handlung hin, normalerweise den Tod von Kindern (z.B. in 1 Samuel 15,33a durch das Schwert). שׁכל bedeutet aber nicht nur den plötzlichen Verlust geborener, sondern auch noch ungeborener Kinder. שׁכל im Piel kann bedeuten, „eine Fehlgeburt haben (oder verursachen)“ (2 Könige 2,19.21). Nach 2 Könige 2,19-22 ist schlechtes Wasser eine mögliche Ursache für eine Fehlgeburt. Der Prophet Elischa reinigt es mit Salz und wirkt so Fehlgeburten und Totgeburten entgegen.

Die Wurzel שׁכל kommt in der Hebräischen Bibel vierunddreißig Mal vor und deckt eine breite Palette von Bedeutungen ab: q. kinderlos werden; pi. Verwaistsein (der Eltern) von Kindern, eine Fehlgeburt verursachen / haben, hi. eine Fehlgeburt haben.[28] In der Poesie taucht die Wurzel häufig auf, oft in direkter Rede, die sich entweder an Gott oder an eine andere Person richtet.

Ich schlage vor, „die Beraubung / den plötzlichen Verlust von - geborenen oder ungeborenen - Kindern“ zu betonen. In Psalm 35 ist nicht klar, ob falsche Zeugen wirklich Kinderlosigkeit verursachen können, indem sie den Beter/die Beterin seiner/ihrer geborenen Kinder berauben oder eine Fehlgeburt verursachen. Das brutale Töten von Kindern kann sowohl ein Aspekt der Polemik gegen Feinde als auch ihrer Taten sein. Auch wenn die Formulierung nicht direkt auf eine Realität anspielt, suggeriert sie doch ein bestimmtes Bild. Wie in Psalm 137,8-9 und anderen Psalmen ist es schwierig, zwischen der „wirklichen“ Bedrohung durch die Feinde und den Fantasien des Psalmisten zu unterscheiden. Die innere Welt des Psalmisten und die sogenannte „Realität“ sind eng miteinander verbunden.[29]


שְׁכוֹל לְנַפְשִׁי (Kinderlosigkeit in Bezug auf mein Leben) ist ein extremes Bild, das das „Böse“ (רעה) und die Bedrohung der Feinde veranschaulicht. Es eröffnet viele Möglichkeiten, sich die Realität hinter der Metapher vorzustellen, so z.B. Feinde, die Kinder - vielleicht als Symbol für die geistigen und moralischen „Produkte“ der Seele des Betenden - im Angesicht ihrer Eltern töten.[30] Der Schmerz, der durch die Aktionen der Feinde verursacht wird, ist dem vergleichbar, was einer Mutter oder einem Vater zugefügt wird, die/der in Bezug auf seine/ihre Kinder zur Hinterbliebenen/zum Hinterbliebenen wird. Auch wenn nicht klar ist, ob die Feinde wirklich die Macht haben, Kinderlosigkeit zu verursachen, ist es wichtig, den Hintergrund des Begriffs als eine Facette der Bedrohung im Auge zu behalten.

In der Terminologie der „Conceptual Blending Theory“,[31] ist שְׁכוֹל (Verwaistsein) mit seinen vielen Konnotationen einer der „Input Spaces“ für Psalm 35,12. Er bezieht sich auf den plötzlichen und oft grausamen Verlust sowohl geborener (Genesis 27,45; 42,36; 1 Samuel 15,33) als auch ungeborener Kinder, verursacht durch eine Fehlgeburt (Exodus 23,25-26; 2 Könige 2,19.21). Frauen (Exodus 23,26), Tiere (Genesis 31,38; Hohelied 4,2), Pflanzen (Maleachi 3,6-12) und das Land (2 Könige 2,19.21) können eine Fehlgeburt haben.

Der zweite „Input Space“ in Psalm 35,12 sind die Taten und Handlungen der Feinde: ihre Vergeltung von Bösem anstelle von Gutem. Der generische Raum, der „contains the (abstract) concepts that the two central frames have in common,“[32] kann als die Grausamkeit beschrieben werden, die sowohldie Beraubung als auch die Feindegemeinsam haben, und die eine Gefahr für die ganze Person darstellt. Der „Blended Space“ wird durch den Parallelismus in Psalm 35,12 konstituiert: שְׁכוֹל(Verwaistsein) wird als רָעָה (schlecht / böse) beschrieben, während נפשׁ (das Leben) טוֹבָה(gut) entspricht. Die Taten und Handlungen der böswilligen Zeugen und Feinde sind bedrohlich, ebenso die Gefahr von Fehlgeburten und Verlust von Kindern. Eine neue Bedeutung, die im „Blended Space“ entsteht, ist die imaginierte Gefahr, dass die Feinde Fehlgeburten oder Frühgeburten verursachen könnten.

Wenn wir versuchen, konzeptionelle Informationen über Vorsichtsmaßnahmen gegen die Gefahr einer Fehlgeburt zu finden, stoßen wir in der Hebräischen Bibel (2 Könige 2,19-22) auf Salz als Mittel gegen schlechtes Wasser, das Fehlgeburten verursachen kann. Als Beispiel für altorientalische Parallelen beschreibt ein medizinischer Text aus Assur Rezepte für einen Fall, in dem „a woman having acquired (something) in her belly cannot retain (it).“[33] Der Zweck des Rezepts besteht darin, „to assuage the woman.“ Der Text schreibt dabei eine Art magisches Medikament aus Tierknochen vor. Neben der Erwähnung von Salz als Heilmittel gegen Fehlgeburten gibt es keine biblischen Paralleltexte zu Medikamenten gegen Fehlgeburten.

In einem altbabylonischen Brief schreibt eine Frau an ihren „Herrn“ und berichtet ihm vom Tod ihres Kindes:

„Speak to my lord: Thus says Dabītum, your slave-girl. What I had told you, has now happened to me. For seven months, this child (šerrum) having been in my belly, the child is dead in my belly since one month and nobody takes care of me. If this is the mood of my lord: let me not die. Look after me and let me see the face of my lord [break]. But if I have to die, let me see the face of my lord and (then) I may die.“[34]

Ein solch direktes Zeugnis über eine Fehlgeburt oder Totgeburt aus erster Hand ist im altorientalischen Kontext bemerkenswert und wäre es auch heute noch.

Alle erwähnten Konzepte können den Hintergrund des Begriffs שְׁכוֹל (Verwaistsein) in Psalm 35,12 illustrieren, der sowohl als Metapher als auch als „reale“ Bedrohung gedacht wird.

2.2 Psalm 58,4.9: Der fallende Fötus (נפל)

Während שְׁכוֹל (Verwaistsein/Beraubung) aus der Sicht der Eltern auf eine Fehlgeburt hinweist, ist נפל ein Begriff für den Embryo, der vorzeitig aus dem Mutterleib herauskommt bzw. -fällt. Psalm 58,9 gibt dem Fötus eine Art Status als Subjekt oder Person.[35] In Psalm 58 finden wir die folgende Beschreibung der Gottlosen und ihrer Aktivitäten:

זֹ֣רוּ רְשָׁעִ֣ים מֵרָ֑חֶם

תָּע֥וּ מִ֝בֶּ֗טֶן דֹּבְרֵ֥י כָזָֽב׃

כְּמ֣וֹ שַׁ֭בְּלוּל תֶּ֣מֶס יַהֲלֹ֑ךְ

נֵ֥פֶל אֵ֝֗שֶׁת בַּל־חָ֥זוּ שָֽׁמֶשׁ׃

4a Abgewendet haben sich die Gottlosen vom Mutterleib an,

4b geirrt haben seit dem Bauch die Lügenredner.

9a Wie eine Schnecke zerschmelzend dahinzieht,

9b so ist die Fehlgeburt einer Frau, die die Sonne nicht sieht!

Im Kontext von Psalm 58 ist Vers 9 eine metaphorische Beschreibung der Gottlosen. In diesem einzelnen Vers finden wir vier „Input Spaces“: die Schnecke, die Fehlgeburt, das Nicht-Sehen und die Gottlosen. Der Sprecher wünscht sich, dass der Feind wie ein נֵפֶל ist (Fehlgeburt / Totgeburt). Im MT (oben zitiert) ist נֵפֶל אֵשֶׁת der Hauptsatz.[36] Abgeleitet von der Wurzel נפל (fallen), evoziert der Begriff das Bild des fallenden Embryos.[37] Das Zerfließen, die Flüchtigkeit und Vergänglichkeit einer zerschmelzenden Schnecke und die Fehlgeburt bilden den „Generic Space“ und dienen als Bild für den Wunsch, dass die in Vers 4 erwähnten Worte und Taten der Gottlosen (רשׁעים) und derjenigen, die Täuschung sprechen / Lügenredner (דברי כזב), verschwinden mögen. Die Szenerie dieses Geburtsbildes ist eine drastische Polemik gegen die Feinde. In diesem Text ist der Mutterleib kein Ort der Sicherheit und des Vertrauens, sondern der Geburtsort böser Menschen und ihrer Taten. Der Text sagt sowohl etwas über die Bösen als auch über eine Fehlgeburt, eine vorzeitige Geburt.

שַׁבְּלוּל ist ein Hapax-Legomenon. Die Ableitung des Substantivs ist ungewiss. Ein Vorschlag ist die Wurzel בלל (nass machen / befeuchten) mit der Übersetzung Schnecke für das Substantiv.[38] Diese Übersetzung entspricht den anderen Erwähnungen von Tieren im angesprochenen Psalm. Schlange (נחשׁ) und Kobra oder Viper (פתן) in Vers 5 und junge Löwen (כפירים) in Vers 7. Das Bild evoziert vielfältige Assoziationen: Die Gleitspur einer Schnecke kann die schleimige Substanz einer Fehlgeburt beschreiben oder auf das Auflösen und Wegschmelzen der ganzen Schnecke hindeuten. Eine andere Möglichkeit ist, dass שַׁבְּלוּל (Schnecke) ein Schreibfehler von שַׁכְלוּל ist. Diese Textänderung würde eine Verwechslung von ב / כ voraussetzen. Der Begriff könnte so von der oben erwähnten Wurzel שׁכל abgeleitet und übersetzt werden als wie eine Fehlgeburt oder wie ein ungeborenes Kind.[39] Diese Interpretation würde die Parallelität mit נפל in diesem Vers verstärken und die vielen Konnotationen von שׁכל mit einbringen.

Eine weitere Charakterisierung von Fehlgeburten, die in Vers 9 zum Ausdruck kommt, ist, die Sonne nicht zu sehen oder in der Dunkelheit zu sein. Das Konzept eines unreifen Embryos als etwas Flüchtigem, das nicht sehen kann, ist Psalm 58,9, Hiob 3,16 und Kohelet 6,4-5 gemeinsam:

כִּֽי־בַהֶ֥בֶל בָּ֖אוּבַחֹ֣שֶׁךְ יֵלֵ֑ךְוּבַחֹ֖שֶׁךְ שְׁמ֥וֹ יְכֻסֶּֽה׃

גַּם־שֶׁ֥מֶשׁ לֹא־רָאָ֖ה וְלֹ֣א יָדָ֑ענַ֥חַת לָזֶ֖ה מִזֶּֽה׃

4 Denn in Nichtigkeit kommt sie, und in Dunkelheit geht sie dahin, und mit Dunkelheit wird ihr Name bedeckt;

5 auch die Sonne hat sie nicht gesehen und nicht erkannt. Sie hat mehr Ruhe als dieser.

Dieser Text spiegelt sowohl die Vorstellung, dass ein Embryo die Sonne nicht sieht, als auch die Eitelkeit und Flüchtigkeit einer Fehlgeburt, vergleichbar mit Psalm 58,9.

„The imagery of a newborn or young child seeing the light of the sun is recurrent in Syro-Mesopotamian incantations, and not only in those connected with successful delivery in childbirth.“[40] Dieses gängige Bild ist in Psalm 58,9 anders gewendet. Nicht sehen zu können, kann so ein Euphemismus für den Tod sein.

Während im Deutschen die Begriffe Fehlgeburt oder Totgeburt den gesamten Prozess beschreiben, schreibt das hebräische נֵפֶל zusammen mit dem Verb חזה (sehen) dem totgeborenen Embryo oder Fötus eine Art Persönlichkeit zu. Im Kontext von Psalm 58 bezieht es sich auf die Bösen, die Feinde.

Aus Hiob 3,16, der die Wendung נֵפֶל טָמוּן (eine begrabene Fehlgeburt) enthält, erfahren wir nicht nur, dass ein frühgeborenes oder totgeborenes Kind nicht sehen kann, sondern auch, dass es begraben wird. Das gleiche Verb, טמן, wird für Moses verwendet, der den ägyptischen Mann, den er ermordet hat, im Sand begräbt (Exodus 2,12). Es deutet auf eine Art geheimes, hastiges und vielleicht pietätloses Handeln hin.

Obwohl uns die biblischen Texte nicht über Einzelheiten von Fehlgeburten und Totgeburten informieren, sind Aspekte dieser Erfahrungen in der Sprache der Psalmen erhalten. In einer Gesellschaft, in der Fruchtbarkeit und Geburt einen hohen Stellenwert haben, kann eine Fehlgeburt als negatives Bild verwendet werden. In Kombination mit den Feinden und bösen Menschen bekommt es so die Konnotation von Abschreckung.


Wie schon in Psalm 35 finden wir auch in Psalm 58,4.9 eine Aussage über Fehlgeburten in einer Beschreibung der Feinde. Der Beter/die Beterin wünscht, dass sie wie eine vorzeitige Geburt verschwinden mögen. נפל (was gefallen ist) wird als Bild für den „Abgang“, das Verschwinden, der Feinde verwendet.

Die Verse 4 und 9 bilden einen Rahmen um die Verse 5 bis 8, in denen die Worte und Taten der Feinde mit einer Schlange und einem jungen Löwen verglichen werden, die vielleicht eine Art Mischwesen widerspiegeln, einen „Schlangenlöwen“.[41] Die Verbindung eines ungeborenen oder totgeborenen Kindes mit einer Schlange in den Versen 4-9 spiegelt sich in einer altassyrischen Beschwörung für Geburten wider: „[…] if it [the unborn child] is dead (sakpum), let (it) be rejected by his god; like a vine-serpent, let it fall to the ground.”[42] Ein Vergleich mit altorientalischen Beschwörungen zeigt, dass Psalm 58,9 keine exakten Parallelen hat: „The image in Ps 58:9a does not have precise parallel in the Syro-Mesopotamian incantatory corpora […], but rather seems to be a creative and vivid inversion of the common statement in birth incantations ‘may this girl give birth in labor’ or the more specific declaration that a child be born with vigorous strength.“[43]

Wie נפל (Fehlgeburt / Fallen) nehmen auch andere Begriffe aus dem Alten Orient den Fötus in den Blick: Babylonische Begriffe für den Fötus, der vorzeitig zur Welt kommt, lauten nīd libbi (was aus dem Bauch geworfen wurde),[44] kūbu, edamukku und kirṣu. Es ist interessant, dass der Fötus mit einer Form von Persönlichkeit ausgestattet ist. Er wird als eine Art übernatürliches Wesen angesehen und hat bereits klare menschliche Eigenschaften.[45]

Es scheint, dass die angesprochene Bildwelt von Fehlgeburten und Totgeburten, in ihrem altorientalischen Kontext betrachtet, nicht so ungewöhnlich ist. Doch die Funktion von Psalm 58,4-9 unterscheidet sich von Geburtsbeschwörungen: „[…] Ps 58 is an Israelite religio-magical text that contrasts the power of righteous persons’ ‘persuasive analogies’ before YHWH with the seemingly powerful and efficacious words of the ‘wicked’ (e.g. Ps 58:1-4).“[46]

„Conceptual Blending“-Theorien bieten die Möglichkeit, die vielfältigen Bilder von Psalm 58,9 zusammenzuführen. Da aus der hebräischen Syntax nicht klar hervorgeht, was „Source“ und „Target“ in diesem Vers ist, ermöglicht der „Blended Space“ die gegenseitige Beeinflussung der verschiedenen Bilder zu verstehen. Der Wunsch, die Feinde mögen verschwinden, wird durch die Vergänglichkeit einer Fehlgeburt veranschaulicht. Gleichzeitig beschreibt der Vers eine Totgeburt als einen Vorgang in Dunkelheit und Tod.

2.3 Psalm 144,14: Fehlgeburt als Ausgang/Herausgehen aus dem Mutterleib (יוצאת)

Psalm 144 ist ein „anthologischer Text“,[47] ein „patchwork“ aus vielen verschiedenen Formelementen, der Material aus Psalm 18 und anderen Psalmen verwendet:[48] „Psalm 144 is a curious mixture of form elements ranging from praise and blessing to urgent petition, complaint, and vow.“[49] Der letzte Teil des Psalms, die Verse 12-15, ist ein nachexilischer Wunsch nach Segen und enthält Hoffnungsbilder, die mit einer Seligpreisung enden.[50] In diesem Zusammenhang drückt Psalm 144,14 den Wunsch aus, dass Tiere keine Fehlgeburten haben mögen:

אַלּוּפֵ֗ינוּ מְֽסֻבָּ֫לִ֥ים אֵֽין־פֶּ֭רֶץ וְאֵ֣ין יוֹצֵ֑את וְאֵ֥ין צְ֝וָחָ֗ה בִּרְחֹבֹתֵֽינוּ׃

Unsere Rinder seien trächtig. Kein Riss und keine Fehlgeburt und kein Klaggeschrei seien in unseren Gassen!

Dieser Verslässt sich vor dem Hintergrund unterschiedlicher semantischer Felder lesen, wie der Landwirtschaft oder Kriegsmetaphorik.[51] יוֹצֵאת kann mit verfrühtem Herausgehen/Ausgang aus dem Mutterleib übersetzt werden und so Fehlgeburt bedeuten. Der Wunsch, dass das Vieh keine Fehlgeburten haben möge, ist Teil eines Wunsches nach Wohlstand. Während der Wunsch nach Fruchtbarkeit von Söhnen und Töchtern in Vers 12 durch Vergleiche zum Ausdruck gebracht wird, ist der Wunsch nach vollen Scheunen und sich vermehrenden Schafen in Vers 13 sehr konkret. Ebenso ist auch Psalm 144,14, nach traditionellem Metaphernverständnis, gar keine Metapher: Der Wunsch, dass Tiere keine Fehlgeburten haben mögen, drückt ein tatsächliches Bedürfnis aus, in Form eines an Gott gerichteten Gebetes. Aus der Perspektive eines umfassenderen, kognitiven Metaphernverständnisses könnte dieser Vers aber durchaus auch als Metapher verstanden werden. Als Orientierungsmetapher könnte er das Bildschema von „Innen-Außen“ widerspiegeln.[52] In Psalm 144,14 ist יוֹצֵאת ein singularisches Substantiv. Das Verb יצא erscheint häufig in der Phrase יצא מרחם als Ausdruck einer erfolgreichen Geburt (Jeremia 1,5; 20,18; Hiob 38,8). Genesis 38,29 teilt mit Psalm 144,14 die Kombination von יצא und פרץ (Bruch / Riss) im Kontext einer schwierigen Geburt. Im Rechtstext Exodus 21,22 beschreibt יצא eine Frühgeburt, ausgelöst durch Gewalt gegen eine schwangere Frau.[53] In Numeri 12,12 wird das Verb יצא im Zusammenhang mit einer Totgeburt verwendet.

Der Ausdruck אַלּוּפֵינוּ מְסֻבָּלִים kommt nur in Psalm 144,14 vor. Dies kann entweder bedeuten, unsere Sippen/Vertrauten seien tragend / fruchtbar, oder unsere Ochsen / Rinder seien gut beladen/fettschwer/trächtig.[54] Der Rest von Vers 14 kann sich entweder auf das Vieh[55] beziehen oder, als Schlussfolgerung aus den Versen 12-14, auf den Wunsch nach Fruchtbarkeit und Wohlstand von Menschen, Feldern und Tieren insgesamt.[56]

Der Wunsch, dass das Vieh keine Fehlgeburten haben möge, hat konzeptionelle Parallelen in alten mesopotamischen Gebeten, die nicht nur Tiere, sondern vor allem Menschen betreffen. So drückt ein babylonisches Ritual aus Assur zum Beispiel den Wunsch aus, „that sorcery does not come near to a pregnant woman (and) she not loses her foetus.“[57] Während syro-mesopotamische Beschwörungen die Gefahr einer Fehlgeburt abwehren wollen, finden wir in der Hebräischen Bibel keine genauen Parallelen zu dieser Art von Literatur.

In Zeiten von Krieg und Gewalt können Menschen und Tiere ihre Föten vorzeitig verlieren, was eine weitere Ursache für eine Fehlgeburt sein kann. Psalm 29,9 könnte diese Situation widerspiegeln, aber der Text ist schwierig und mehrdeutig. In einem berühmten sumerischen Hymnus, in dem Enlil gepriesen wird, finden wir einen Text über Fehlgeburten, die von Nintu, der Geburtsgöttin, verursacht wurden. „Without Enlil, the great mountain, Nintu does not let die, does not kill; the cow in the cattle pen does not ‘throw’ its calf, the ewe in the sheepfold does not deliver a malformed lamb.“[58]

Im Kontext eines Gebets für Fruchtbarkeitssegen bei Mensch und Tier kombiniert Psalm 144,14 wörtliche und metaphorische Aspekte von Fehlgeburten. Fast jeder Begriff dieses mehrdeutigen Verses kann auf unterschiedliche Weise übersetzt werden und deckt eine große Bandbreite von Bedeutungen ab, von wörtlichen bis zu metaphorischen. Der erwähnte Aspekt des Wunsches nach Wohlstand und der Verhinderung von Fehlgeburten bei Tieren und Menschen betont ein „wörtlicheres“ Verständnis - eine Möglichkeit zwischen vielen anderen -, aber die Terminologie dieses Verses ist auch für „metaphorische“ Interpretationen offen.

3. Schlussfolgerungen

a) Fehlgeburten und Totgeburten sind weder in der Hebräischen Bibel noch im Alten Orient ein Tabu. In den Psalmen werden sie durch drei Begriffe mit unterschiedlichen Konnotationen beschrieben: שׁכל (Beraubung/Verwaistsein), נפל (Fallen) und יצא (Ausgang / Herausgehen).

b) Fehlgeburten werden als ein Prozess des Schmelzens, Fallens oder Herausgehens konzeptionalisiert, und dem vorzeitig abgehenden Embryo wird eine Art Persönlichkeit zugeschrieben.

c) Fehlgeburten sind ein Thema im Gebet, aber nicht so, wie man es vom altorientalischen Kontext her erwarten könnte. In Psalm 35,12 wird das Thema im Zusammenhang mit Feindbedrohung beschrieben. Fehlgeburten werden zudem mit dem Konzept der Dunkelheit verbunden - das Licht nicht zu sehen - und mit Flüchtigkeit, so in Psalm 58,9. Während Fehlgeburt in Psalm 35,12 und 58,9 als Metapher dient, formuliert Psalm 144,14 den Wunsch, dass eine tatsächliche Fehlgeburt vermieden werden möge. Dieser letzte Text kommt den Beschwörungsformeln gegen Gefahren während Schwangerschaft und Geburt, die aus dem weiteren altorientalischen Kontext bekannt sind, am nächsten.

d) „Conceptual Blending“ bietet einen Theorierahmen, um sowohl „wörtliche“ als auch „metaphorische“ Verweise auf Fehlgeburten in den Psalmen zu integrieren.

 

[1] VT 69 (2019) 219-231; Übersetzung: Dr. Nancy Rahn.

[2] Vgl. z.B. Alec Basson, Divine Metaphors in Selected Hebrew Psalms of Lamentation (FAT, II/15; Tübingen, 2006); Andrea Weiss, Figurative Language in Biblical Prose Narrative: Metaphor in the Book of Samuel (VT.S 107; Leiden/Boston, 2006), 20-32; Job Y. Jindo, Biblical Metaphor Reconsidered: A Cognitive Approach to Poetic Prophecy in Jeremiah 1-24 (HSM 64; Winona Lake, IN, 2010); Elizabeth Hayes, „Where is the Lord? The Extended Great Chain of Being as a Source Domain for Conceptual Metaphor in the Egyptian Hallel, Psalms 113-118,“ in Pierre van Hecke/Antje Labahn (eds.), Metaphors in the Psalms (BEThL 231; Leuven et al., 2010); Pierre van Hecke, From Linguistics to Hermeneutics: A Functional and Cognitive Approach to Job 12-14 (SSN 55; Leiden/Boston, 2011).

[3] George Lakoff und Mark Johnson, Metaphors We Live By (Chicago, IL, 1980), 104.

[4] Lakoff/Johnson, 1980, 104.

[5] Vgl. Hanne Løland, Silent or Salient Gender? The Interpretation of Gendered God-Language in the Hebrew Bible, Exemplified in Isaiah 42, 46 and 49 (FAT II/32; Tübingen, 2008), 35.

[6] George Lakoff und Mark Turner, More than Cool Reason: A Field Guide to Poetic Metaphor (Chicago, IL, 1989), 38-39.

[7] Pierre van Hecke, „Conceptual Blending: A Recent Approach to Metaphor. Illustrated with the Pastoral Metaphor in Hos 4,16,“ in: idem. (ed.), Metaphor in the Hebrew Bible (BETHL 187; Leuven, 2005), 215-231 (220).

[8] Van Hecke, 2005, 220.

[9] Van Hecke, 2005, 221.

[10] Van Hecke, 2005, 221-222.

[11] Zoltán Kövecses, Metaphor: A Practical Introduction (Oxford, 2010), 268.

[12] Kövecses, 270.

[13] Bei seinen Überlegungen zu Übersetzungsproblemen biblischer Texte kommt Eric A. Hermanson, „Biblical Hebrew: Conceptual Metaphor Categories in the Book of Amos“, OTE 11 (1998), 438-451 (450), zu dem Schluss, „it may be possible to translate the metaphor from the source language into the receptor language by using a metaphor with a different source domain“ - eine nicht ganz unproblematische Schlussfolgerung.

[14] Brent A. Strawn, What is Stronger than a Lion? Leonine Image and Metaphor in the Hebrew Bible and the Ancient Near East (OBO 212; Fribourg/Göttingen, 2005), 10.

[15] S. Marjo C. A. Korpel, A Rift in the Clouds (UBL 8; Münster, 1990), 48-52, der, im Anschluss an Lakoff und Johnson, elementare „Familien“ von Metaphern verwendet, um Beschreibungen Gottes in Ugarit und dem biblischen Israel zu vergleichen.

[16] Die deutschen Übersetzungen der Bibelzitate in diesem Artikel stammen von der Autorin.

[17] Hermann Gunkel/Joachim Begrich, Einleitung in die Psalmen: Die Gattungen der religiösen Lyrik Israels (Göttingen, 41985), 172; Mitchell Dahood, Psalms I: 1-50 (AB 16; Garden City, 1965), 210.

[18] Während die meisten Übersetzungen diesen Begriff sehr allgemein übersetzen - z.B. „my soul is forlorn“ (NRS); „ravaging“ (Dahood, 208) – „bereavement,“ z.B. in JPS und Charles Augustus and Emilie Grace Briggs, A Critical and Exegetical Commentary on the Book of Psalms (ICC 15; Edinburgh, 1951), 301, 305, mit der Erklärung „bereavement of children,“ könnte Verwaisung die Übersetzung sein, die dem hebräischen Begriff am nächsten kommt. Trotzdem enthält keine Übersetzung alle möglichen Konnotationen des Wortes.

[19] Basson, 144.

[20] Marianne Grohmann, „Jewish and Christian Approaches to Psalm 35“, in id./Yair Zakovitch (eds.), Jewish and Christian Approaches to Psalms (HBS 57; Freiburg et al., 2009), 13-29.

[21] Basson, 137; Peter C. Craigie, Psalms 1-50 (WBC 19; Waco et al., 1983), 283: „they lie in wait for my life.“ S. Hans-Joachim Kraus, Psalmen 1-59 (BKAT 15/1; Neukirchen-Vluyn, 61989) 424, 426; Hans Schmoldt, „שׇׁכֺל šāḵol“ ThWAT 7 (1993), 1323-1327 (1327).

[22] Vgl. Artur Weiser, Die Psalmen: Psalm 1-60 (ATD 14; Göttingen/Zürich, 101987), 202.

[23] S. z.B. die deutsche Übersetzung der Elberfelder Bibel: vereinsamt ist meine Seele.

[24] Dahood, 208: ravaging.

[25] S. Martin Luther, Werke: Kritische Gesamtausgabe (WA 55; Weimar, 1993), 308: „que mala sunt ‘sterilitas’; quia anima mea non fuit delectata nec fructum bonorum meorum ex illis cepit seu gaudium“.

[26] Samson Raphael Hirsch, Die Psalmen. Erster Teil: Buch 1 und 2 (Frankfurt a.M., 31914), 170.

[27] Der hebräische Text wird zitiert nach der Edition von Menachem Cohen (ed.), Mikra’ot Gedolot ‘Haketer’: Psalms, Part I. A revised and augmented scientific edition of ‘Mikra’ot Gedolot,’ based on the Aleppo Codex and Early Medieval MSS (Ramat-Gan, 2003), 107.

[28] HALAT 4, 1990, 1382-1383.

[29] S. Helga Weippert, „Altisraelitische Welterfahrung. Die Erfahrung von Raum und Zeit nach dem Alten Testament“, in Hans-Peter Mathys (ed.), Ebenbild Gottes—Herrscher über die Welt: Studien zu Würde und Auftrag des Menschen (BThSt 33; Neukirchen-Vluyn, 1998), 9-34 (15-17); Bernd Janowski, Konfliktgespräche mit Gott: Eine Anthropologie der Psalmen (Neukirchen-Vluyn, 22006), 110.

[30] S. Hirsch, 170.

[31] Van Hecke, 2005, 215-231.

[32] Van Hecke, 2005, 220.

[33] BAM 3 240:71, zitiert nach Marten Stol, Birth in Babylonia and the Bible: Its Mediterranean Setting (CM 4; Groningen, 2000), 28.

[34] TIM 1 15, Stol, 28.

[35] Marianne Grohmann, Fruchtbarkeit und Geburt in den Psalmen (FAT 53; Tübingen, 2007), 240-250.

[36] Einige antike Versionen (Theodotion, einige Lesarten des Hieronymus und der Targum) lesen כְּנֵפֶל (wie eine Fehlgeburt). Dies würde eine Weiterführung des Vergleichs und damit zwei verschiedene Bilder bedeuten. Die NRV folgt dieser Version: „Let them be like the snail that dissolves into slime; like the untimely birth that never sees the sun.“

[37] נפל hi. im Kontext von Geburt wird auch in Jesaja 26,19 verwendet. In diesem Text ist es die Erde, die gebiert וָאָרֶץ רְפָאִים תַּפִּיל (die Erde wird Schatten gebären/fallen lassen). Zu einer babylonischen Parallele s. Stol, 32.

[38] HALOT, 1394.

[39] Einige hebräische Handschriften, der Symmachus, und einige Exegeten folgen dieser Interpretationslinie: Frank-Lothar Hossfeld/Erich Zenger, „Psalm 58“, in id./Erich Zenger, Psalmen 51-100 (HThKAT; Freiburg et al., 2000), 131.133: „Wie eine Fehlgeburt, die du vergehen lässt, möge er vergehen“; vgl. Peter Krawczack, „Es gibt einen Gott, der Richter ist auf Erden!“ (Ps 58,12b). Ein exegetischer Beitrag zum Verständnis von Psalm 58 (BBB 132; Berlin, 2001), 95.106.261-262; Adam E. Miglio, „Imagery and Analogy in Psalm 58:4-9“, VT 65 (2015), 114-135 (123-125.130).

[40] Miglio, 125.

[41] Miglio, 118.

[42] Miglio, 126.

[43] Miglio, 124.

[44] Stol, 28.

[45] Stol, 29.

[46] Miglio, 129.

[47] Thijs Booij, „Psalm 144: Hope of Davidic Welfare“, VT 59 (2009), 173-180 (173).

[48] Markus Saur, Die Königspsalmen: Studien zur Entstehung und Theologie (BZAW 340; Berlin/New York, 2004), 250-251.

[49] Erhard S. Gerstenberger, Psalms, Part 2, and Lamentations (FOTL 15; Grand Rapids, 2001), 427.

[50] Hans-Peter Mathys, Dichter und Beter: Theologen aus spätalttestamentlicher Zeit (OBO 132; Freiburg/Göttingen, 1994), 262-263; Booij, 174.

[51] Die NRSV übersetzt den zweiten und dritten Teil des Verses metaphorisch und gelangt so zu folgender Lesung von Psalm 144,14, die in Richtung des Exils deutet: „and may our cattle be heavy with young. May there be no breach in the walls, no exile, and no cry of distress in our streets.“ Für eine eingehende Diskussion s. John Makujina, „The Interpretation of Ps 144,14: Applying a Pluralistic Approach to a Manifold Difficulty“, Bib 92 (2011), 481-502, der einer Interpretation im Sinne von Kriegsmetaphorik folgt: „Our cattle are well cared for; there will be no breaking through (our walls), nor deportation, nor lamentation in our squares“ (ibid., 502).

[52] Kövecses, 42-44.

[53] Zu Parallelen in assyrischen Gesetzen s. Ulrike Steinert, Aspekte des Menschseins im Alten Mesopotamien: Eine Studie zu Person und Identität im 2. und 1. Jt. v.Chr. (Cuneiform Monographs 44; Leiden/Boston 2012), 285.

[54] In der zweiten Übersetzung wäreאלוף „a caressing variant […] of ’elep, ‘cow’ “, Booij, 177.

[55] Saur, 251-252.

[56] Hans-Joachim Kraus, Psalmen 60-150 (BKAT 15/2; Neukirchen-Vluyn, 61989, 1121.1125.

[57] LKA 9 rev. I (= III), 7-15; zitiert nach Stol, 27.

[58] Stol, 27.

Für ein optimales Druckergebnis des Dokuments empfehlen wir Ihnen den Download der PDF-Datei.

Marianne Grohmann,

ist Professorin für Altes Testament an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Sie forscht in den Bereichen Anthropologie und Hermeneutik, derzeit v.a. zu Psalmen und Klageliedern. Weitere Publikationen zum Thema dieses Artikels: Fruchtbarkeit und Geburt in den Psalmen (FAT 53), Tübingen 2007; Metapherntheorien und Altes Testament, ThLZ 142/2017, 1153-1166.

© Marianne Grohmann, 2019, lectio@theol.unibe.ch, ISSN 1661-3317

Zurück

top